cncr_jrny: Chemotherapie
Für die anstehende Chemotherapie war es unumgänglich, dass mir ein sogenannter Port implantiert wurde – ein kleiner Zugang unter der Haut, über den später die Medikamente verabreicht werden können. Am 30. Oktober 2020 wurde dieser Eingriff im Ketteler Krankenhaus in Offenbach ambulant durchgeführt.
Wie so oft in dieser Zeit gab es wieder eine dieser kleinen Zufälle, über die man im Nachhinein schmunzeln muss: Die Chirurgin, die den Eingriff vornahm, war tatsächlich die Schwägerin der Klassenlehrerin meines älteren Sohnes. Die Welt ist manchmal eben doch kleiner, als man denkt.
Die Operation selbst ist medizinisch gesehen kein großer Eingriff. Für mich persönlich war sie dennoch eine Herausforderung. Ich war bei vollem Bewusstsein – örtlich betäubt, aber hellwach. Besonders der Geruch, der durch das elektrische Skalpell entsteht, hat mir zugesetzt.
Am Ende ging alles gut. Der Port wurde auf der rechten Seite, unterhalb des Schlüsselbeins, eingesetzt. Er lag dort in einer kleinen Tasche unter der Haut, während der Schlauch in die Schlüsselbeinvene führte. Ein kleiner Fremdkörper – unscheinbar von außen, aber für die kommenden Jahre mein ständiger Begleiter.
Ein halbes Jahr Therapie
Nach dem Eingriff begann die eigentliche Behandlung – die Chemotherapie. Geplant war ein halbes Jahr, alle zwei Wochen eine neue Runde. Sechs Monate lang hieß das also: Gift in den Körper leiten, um keine Krebszelle am Leben zu lassen.
Beim Onkologen bekam ich jedes Mal meinen individuellen Medikamentenmix. Die Infusion selbst dauerte rund zwei bis drei Stunden. Danach wurde ich mit einer kleinen Vakuumpumpe nach Hause geschickt – einem unscheinbaren Begleiter, der über 48 Stunden hinweg kontinuierlich weiter das Medikament in meinen Körper pumpte.

Die Tage nach der Behandlung waren immer hart. Übelkeit, Durchfall, starke Müdigkeit und Schmerzen im ganzen Körper – all das gehörte bald zum festen Bestandteil dieser Zeit. Jede Runde hinterließ ihre Spuren. Die Infusion bekam ich immer dienstags und gab sie donnerstags wieder ab. In dieser Zeit verbrachte ich die meiste Zeit schlafend oder zumindest liegend – bis auf wenige Stunden am Tag, an denen ich überhaupt genug Kraft hatte, aufzustehen.
Ich erhielt das sogenannte FOLFOX6-Schema – eine Kombination aus drei Wirkstoffen, die gemeinsam gegen verbliebene Krebszellen kämpfen sollten:
- FOL steht für Folsäure – sie verstärkt die Wirkung des nächsten Medikaments.
- F für 5-Fluorouracil (5-FU) – ein klassisches Zytostatikum, das das Wachstum von Krebszellen hemmt.
- OX für Oxaliplatin – ein Platinpräparat, das die DNA der Krebszellen schädigt und sie so an der Teilung hindert.
Das Ziel dieser Kombination ist es, eventuell noch vorhandene Tumorzellen zu zerstören, ihr Wachstum zu stoppen und das Risiko eines Rückfalls zu verringern. Klingt in der Theorie nüchtern – in der Praxis ist es eine Gratwanderung zwischen Heilung und Belastung.
Vor allem das Oxaliplatin zeigte schnell seine Nebenwirkungen. Schon nach wenigen Zyklen entwickelte ich eine ausgeprägte Polyneuropathie (PNP) – ein unangenehmes Kribbeln und Taubheitsgefühl in Händen und Füßen. Diese Nervenschädigung hat mich lange begleitet und ist auch heute noch spürbar.
Es war eine anstrengende Zeit – körperlich wie mental. Aber jede abgeschlossene Runde war auch ein kleiner Sieg auf dem Weg durch diese schwierige Phase. Und es war nicht nur für mich eine Herausforderung. Auch für meine Frau, unsere Kinder und enge Freunde war diese Zeit belastend.


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